Bordcomputer als Kanal für Marketing Kommunikation
Der mit dem Internet verbundene Bordcomputer ist ein zentraler Bestandteil jedes vernetzten Fahrzeugs. Über den Bordcomputer lassen sich jedoch nicht nur z.B. Verkehrsinformationen oder Entertainmentinhalten abrufen sondern er kann auch als Kanal für Marketing- und Servicekommunikation dienen. Genau wie ein Smartphone ist ein Bordcomputer prinzipiell ein formatneutrales Endgerät, das verschiedene Anwendungen bzw. Medienformate ausspielen kann. Dies können bereits etablierte Kanäle wie E-Mail, Mobile Messenger oder Push-Nachrichten aus Apps sein aber auch die Entwicklung eines vollständig neuen Formats ist potenziell denkbar.
In jedem Fall müssen die Inhalte des genutzten Formates per Sprachausgabe übermittelt werden können. Bei dem Format E-Mail würde das bedeuten, dass E-Mails eine alternative Version enthalten müssten, die maschinenlesbar ist. Diese Version sollte auch stark verkürzt sein und sich inhaltlich auf das Wesentliche konzentrieren. Ein Fahrer, dem erst einmal eine Minute lang eine Newsletter-Einleitung vorgelesen wird, verliert bereits das Interesse, bevor er zu den Angeboten kommt.
Auch sollten die Formate ihrerseits auf Sprachbefehle reagieren. Ein Beispiel: ein Fahrer ist an einem bestimmten Angebot eines Fashion Anbieters interessiert. Per Sprachbefehl kann er das Produkt in den Warenkorb legen lassen, es direkt bestellen, in einer Filiale zur Anprobe bereit legen lassen oder sogar zu einem bestimmten Punkt liefern lassen, zu dem er gerade unterwegs ist. Alternativ kann er sich über die Freisprechanlage telefonisch mit einem Mitarbeiter des Fashion Anbieters verbinden lassen, der daraufhin die gewünschten Schritte einleitet.
Location-based Kommunikation
GPS ist heutzutage eine Standardfunktion jedes Bordcomputers und ermöglicht die standortbezogene Aussteuerung von Marketingkommunikation. Hier gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist die dynamische Anpassung der Regelkommunikation an den Standort. Ein Beispiel: ein Fahrer hat den wöchentlich verschickten Newsletter (oder sonstigen Informationsservice) einer Supermarktkette abonniert. Dieser erreicht ihn während der Autofahrt. Im Moment der Nutzung erkennt das System den Standort des Fahrzeugs und liest die Sonderangebote der nächstgelegenen Filiale vor. „Nur noch 500 Meter. Wenn Sie innerhalb der nächsten halben Stunde einkaufen, erhalten Sie zusätzlich einen Rabatt von 5 Prozent.“ Bei Interesse schaltet sich das Navigationssystem ein und der Fahrer wird direkt zum Geschäft bzw. einem nahen Parkplatz gelotst. Die zweite Möglichkeit ist die Ausspielung von Nachrichten nach Location-basierten Triggern. Nähert sich das Fahrzeug der Supermarktfiliale z.B. auf einen Kilometer, erhält er die Nachricht genau in diesem Moment. Wenn aufgrund der Zieleingabe im Navigationssystem bekannt ist, wo der Fahrer hinfährt, können Angebote an seine Route angepasst werden. „Voraussichtlich um 18 Uhr treffen Sie in München ein. Sicher haben Sie Hunger nach dieser langen Fahrt. Direkt hinter der Ausfahrt wartet unser neuestes Premium-Menü auf Sie.“
Noch effektiver wird die Kommunikation durch den Einbezug personenbezogener Daten des Fahrers (Soziodemografie, Hobbys, Produktvorlieben usw.): „Das neue Schuhmodell ihrer Lieblingsmarke gibt es jetzt zum halben Preis.“ Sowie durch weitere Kontexte über den Standort hinaus, z.B. die Tageszeit und das Wetter: „Schon Feierabend? Genießen Sie die Abendsonne mit Ihren Lieblingssnacks.“
Nicht nur für das Marketing eignet sich standortbezogene Kommunikation, auch für den Service gibt es viele Anknüpfungspunkte. Ein Beispiel: Ein Anbieter von KFZ-Werkstätten fordert seine Kunden rechtzeitig vor dem ersten Schneefall zum Winterreifenwechsel auf und schlägt Filialen in einem bestimmten Umkreis vor, die kurzfristig noch Termine frei haben. Bei Interesse wird der Kunde direkt telefonisch zur gewünschten Werkstatt durchgestellt.
Fahrzeugdaten für Service- und Marketingkommunikation nutzen
Connected Cars generieren eine Vielzahl an Daten. Auch diese lassen sich für Marketing- und Servicekommunikation nutzen, durch die Hersteller und nach Zustimmung des Nutzers auch durch Dritte. Wir möchten exemplarisch drei Beispielen zeigen.
Spritverbrauch: Sei es durch blinkende Lichter oder Geräusche, Tankanzeigen machen darauf aufmerksam, wenn dem Fahrzeug der Sprit zu Neige geht. Darüber hinaus könnte aber auch ein Tankstellenbetreiber den Fahrer über den Bordcomputer auf seine nächstgelegene Filiale aufmerksam machen, möglicherweise mit einem Rabatt oder einem zusätzlichen Gimmick aus dem Tankstellenshop als Incentive, damit der Fahrer nicht zur Konkurrenz fährt. Ist das Ziel der Fahrt bekannt, kann die Kommunikation sogar vorausschauend erfolgen. „Bei Ihrem aktuellen Verbrauch wird Ihr Sprit nicht bis nach München reichen. An unserer Tankstelle kurz vor Augsburg tanken Sie zum Sonderpreis.“
Verschleiss: Ein Auto enthält diverse Bauteile, die verschleißen oder aufgrund äußerer Umstände beschädigt werden können. Erkennen die verbauten Sensoren, dass ein Teil gewechselt oder repariert werden muss, kann der Fahrer ein Angebot einer Vertragswerkstatt im Umkreis erhalten, mit der Möglichkeit der sofortigen Terminvereinbarung.
Fahr- und Nutzungsverhalten: Angaben über das Fahr- und Nutzungsverhalten können von Herstellern udn Händlern genutzt werden, um dem Fahrer nach einer gewissen Zeit passende Angebote für einen Neuwagen zu unterbreiten. Ein Beispiel: der Fahrer hat einen Kleinwagen, der maximal 150 km/h schnell ist und wenig Stauraum bietet. Aus den Fahrzeugdaten geht hervor, dass der Fahrer die Geschwindigkeit, wenn möglich, maximal ausreizt, häufig lange Strecken fährt und den Wagen schwer belädt. Klingt so, als würde der Fahrer eher einen schnelleren, komfortableren Wagen mit großem Kofferraum benötigen. Ein perfekter Anknüpfungspunkt beim Neuwagenkauf.
Diskussionspapier und Report zum Download
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem BVDW Diskussionspapier „Connected Cars – Chancen und Risiken für künftige Anbieter im Automobilmarkt“, das es hier zum kostenlosen Download gibt: http://www.bvdw.org/medien/bvdw-diskussionspapier-zu-chancen-und-risiken-von-connected-cars-fuer-anbieter-im-automobilmarkt?media=7518