Kunden konfrontieren Unternehmen heutzutage mit steigenden Anforderungen an die Customer Experience im digitalen Dialogmarketing. Sie erwarten, dass gewünschte Informationen, passend zu ihren aktuellen Bedürfnissen, jederzeit und überall bereitstehen. Best-in-Class-Ansätze in der Customer Experience sind Kunden bekannt und daran messen sie alle Anbieter. Wesentlicher Bestandteil dieser Best-in-Class-Ansätze ist Individualität, d.h. Kommunikation, die dem Kunden im richtigen Moment genau die Information zur Verfügung stellt, die er gerade benötigt und das automatisch.
Laut einer Studie von IBM und eConsultancy fühlen sich nur 20 Prozent der Kunden im Rahmen der Customer Experience als Individuum wahrgenommen. Der Grund dafür: Insbesondere Marketingkommunikation wird bislang immer noch meist aus der Innensicht betrieben. Marketer stellen sich die Frage „Was möchte ich heute verkaufen?“, stattdessen sollten sie sich jedoch fragen: „Was benötigen unsere Kunden in ihren verschiedenen Nutzungskontexten
und was müssen wir tun, um in Echtzeit auf ihre Bedürfnisse reagieren zu können?“. Mit diesem Paradigmenwechsel rücken Marketer den Kunden wirklich in den Fokus. Die Customer Experience wird kundenzentriert und echtzeitfähig: Realtime Customer Centricity.
Flexible Touchpoint-Netzwerke statt klassische Customer Journeys
Allerdings bringt Realtime Customer Centricity eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Eine der Herausforderungen ist es, die Customer Journey wirklich vom Kunden aus zu denken. „Welchen Weg geht mein Kunde vom ersten Kontakt mit meinem Angebot oder meiner Marke bis zur Conversion?“ Um diese Frage zu beantworten, erstellen Marketer üblicherweise Customer Journeys aus aneinandergereihten Touchpoints, die den Weg des Kunden nachzeichnen. Diese „klassischen“ Customer Journeys sind meist sehr linear und sequentiell aufgebaut. Sie sind nicht aus Sicht des Kunden gedacht, sondern aus der des Marketers. Zur Modellierung einer Customer Journey fragen sich Marketer üblicherweise: „Welche Touchpoints haben wir und wie möchten wir den Kunden an diesen entlang leiten?“ Im schlimmsten Fall wird zwanghaft versucht, den Kunden in einen Weg zu zwängen, den dieser gar nicht nehmen möchte.
Marketer sollten sich stattdessen fragen: „An welchen Touchpoints kommt der Kunde mit uns in Kontakt und was erwartet er dort?“ Die Customer Journeys werden dann komplexer, sind meist nicht-linear und führen an einer Vielzahl von Touchpoints entlang, auch an solchen, die gar nicht von den Marketern oder anderen Bereichen in ihrem Unternehmen kontrolliert werden können. Die Kunden springen zwischen den Touchpoints, die in „klassischen“ Customer Journeys gar nicht miteinander verknüpft sind und zwar in verschiedene Richtungen. Sie haben einen individuellen „Touchpoint-Mix“, der mehr einem flexiblen, d.h. sich regelmäßig verändernden, Netzwerk gleicht statt einem linearen Weg.
Der Paradigmenwechsel hin zur Customer Centricity schafft die „klassischen“ sequentiellen Customer Journeys nicht ab. Aber diese werden kürzer, modularer und fokussieren sich stärker auf klar abgegrenzte Use Cases.
Der Weg vom Besuch im Autohaus zur Vereinbarung einer Probefahrt ist einfacher zu modellieren und zu steuern als der komplette Weg vom Wunsch nach einem neuen Auto bis zum Kauf des Wagens. Lange Customer Journeys werden aufgebrochen und in kleinere Customer Journeys zerlegt. Wesentlicher Bestandteil dieser Customer Journeys sind Verbindungspunkte zu anderen Customer Journeys bzw. Touchpoints, die Teil mehrerer „kleiner“ Customer Journeys sein können.
Kontexte als Touchpoints denken
Beim Aufbau eines Touchpoint-Netzwerks gilt es, auch Kontexte als potenzielle Touchpoints zu betrachten. Solche Kontexte können sein:
- Es ist nach Feierabend und es regnet. Der Kunde läuft an Ihrem Geschäft vorbei.
- Der Kunde ist unterwegs und vertreibt sich mit dem Smartphone die Zeit. Die Inhalte, die er konsumiert, inspirieren ihn.
- Ein Vertriebsleiter sitzt an seinem Arbeitsplatz und recherchiert von seinem Desktop-PC aus, wie er Prozesse effizienter gestalten kann.
Die Frage, die sich Marketer hier stellen sollten, lautet: „In welchen Nutzungskontexten ist mein Kunde unterwegs, welche Informationen sind dort für ihn relevant und wie kann ich ihm diese Informationen zur Verfügung stellen?“ Der Kanal, über den der Kunde diese Informationen erhält, ist dabei weniger entscheidend. Wichtiger ist die Relevanz der Information sowie die Geschwindigkeit, in der er die Information erhält.
Kontext-Trigger in Realtime nutzen
Kunden erwarten relevante Informationen im richtigen Moment. Läuft beispielsweise ein Kunde an einem Modegeschäft vorbei, muss er den Gutschein für seine Lieblingsmarken, innerhalb weniger Sekunden erhalten und nicht erst, wenn er bereits um die nächste Ecke gebogen ist. Um solch eine Kommunikation zu realisieren, müssen alle beteiligten Prozesse Realtime-fähig sein: die Erkennung des Kontextes, die Auslösung des Triggers zur Kommunikation, die Verarbeitung der notwendigen Daten, die Erstellung des Contents, die Ausspielung der Message im präferierten Kanal usw. Das heißt auch, dass moderne Marketing- Technologie in der Lage sein muss, Live-Daten, also Daten, die erst im Moment des Triggers bekannt sind, in Sekunden- oder sogar Millisekundenschnelle zu erfassen und zu verarbeiten. Bisher lag der Fokus meist auf der Verarbeitung und Analyse von historischen Daten, beispielsweise Kaufhistorien, aus denen Produktempfehlungen abgeleitet wurden.
Wichtig ist nicht nur, auf Trigger in Nutzungskontexten schnell zu reagieren, sondern auch, Inhalte dynamisch an Kontexte anpassen zu können. Öffnet ein Kunde beispielsweise den Newsletter eines Händlers auf dem Smartphone im Zug morgens auf dem Weg zur Arbeit, werden Low-Involvement-Angebote ausgespielt. Öffnet er den gleichen Newsletter jedoch erst abends mit dem Tablet auf der Couch, werden ihm eher High-Involvement-Angebote ausgespielt, da er jetzt Zeit und Muße hat sich damit zu beschäftigen. Der Newsletters ist bereits versendet, der Inhalt ändert sich jedoch nach Öffnung, je nach aktuellem Kontext.
Summary
Um den Ansprüchen heutiger Kunden gerecht zu werden, müssen Unternehmen einen Paradigmenwechsel im digitalen Dialogmarketing vollziehen: Weg von der Innensicht, hin zu einer Customer Experience, die den Kunden in den Fokus rückt. Das Schlagwort lautet Customer Centricity.
Jeder Kunde erhält in seinem aktuellen Nutzungskontext genau die Information, die er gerade benötigt. Um diese Information auch im richtigen Moment ausspielen zu können, müssen alle beteiligten Prozesse Realtime-fähig sein. Echte Customer Centricity ist somit immer Realtime Customer Centricity.